2.30 Uhr morgens:
Auf einmal ein Gefühl von „Plopp“ zwischen den Beinen und irgendetwas ist anders. Die Fruchtblase ist geplatzt. Jetzt geht es also los.
3.30 Uhr
Erste Wehen. Leicht, wie Bauchschmerzen, aber schlafen kann ich nicht mehr. Ich ziehe aufs Sofa um, zuvor wird mein Freund wach und ich gebe ihm Bescheid. Er erzählt, was seine Mutter bei der zweiten Geburt als angenehm empfand: Die Wehen mit einem Lächeln zu empfangen.
Zum Glück kann er weiterschlafen.
Auf dem Sofa kommen alle 3-5 Minuten Wehen. Ich veratme sie mit flatternden Lippen beim Ausatmen, um untenrum bloß nichts anzuspannen, sondern die Öffnung des Muttermundes und das Weiten zuzulassen.
Ich sitze da und kann zwischendurch meinen Kopf in die Hände stützen und dösen. So beginnt langsam DER Tag. An die Hebamme schreibe ich eine Nachricht, sie kündigt sich für 10 Uhr an.
10.00 Uhr
Ich habe langsam Wehen, die ich nicht nur mit Atmen vorbeigehen lassen kann. Die Wellen werden stärker. Wenn man „Aaaa“ sagt und dabei lächelt, sind die Wellen-Sets gut zu ertragen. Aber sobald mein Freund kommt (mit leckerem Frühstück), dann sind die Wehen weg. Ich muss das wohl allein machen und mein Freund findet zum Glück andere Aufgaben für sich und uns, die er an diesem Tag sinnvoll übernehmen kann. Das ist sehr wichtig für mich! Denn ihn anleiten, wie er mir helfen kann, das kann ich gerade schlecht und es wird nicht besser. Er baut eine Festhalte-Konstruktion für mich und ist ansonsten in der Küche zugange. Tollster Mensch!
Die Hebamme kommt und ich habe für 40 Minuten keine Wehen. Tja, eine gute Verschnaufpause für mich (sonst hatte ich maximal 5 Minuten Pause), aber für die Hebamme ist es das Zeichen: Die Wehen sind störanfällig. Wir bleiben zuhause; sie will in sechs Stunden wiederkommen. Sie zeigt noch, wie ich hüftkreisend die Wehen mit Bewegung durchstehen kann. Das ist für mich ein Zeichen, mehr im Stehen mit den Wehen zu arbeiten.
Die Hebamme ist weg, in den Stunden danach werden die Wehen stärker; ich versuche weiter zu lächeln. Ich mache einfach weiter und warte, dass die Zeit bis 16 Uhr vergeht. Das ganze Haus muss mittlerweile hören, dass ich ein Kind kriege…egal…
14.30 Uhr
Deine Mutter hat sich nunmehr entschieden, dass deine Hebamme doch etwas früher kommen soll. Offenbar glaubt Mama, dass du schneller kommen könntest. Tja, wir sind schon ganz hibbelig und freuen uns so auf dich! Auch den Nachbarn täte das gut… Mama schreit hier echt ganz schön dolle rum.
Also bis gleich.
Ein ganz klein wenig später…
Die Hebamme kommt durch die Tür und sagt „Oh, das hört sich aber schon ganz anders an…“ Also entscheidet sie: Es geht auf zur Klinik.
15.37 Uhr
Angekommen! Die Fahrt ins Krankenhaus war heftig. Nach der Fahrt gibt es erst einmal Wehen ohne Pause. Da kommt auch schon die Hebamme mit einem Rollstuhl und fährt mich in den Kreissaal. Ein paar Wehen lang stehe ich an der Sprossenwand, mir ist ganz kalt. Zum Glück gibt es in der Badewanne warmes Wasser; ich ziehe mich schnell aus. Ich glaube, in der Badewanne fangen die Presswehen an, die mich mit sich ziehen. Diese Wehen sind anders, nicht mehr in wellenartigen Sets. Die Sets waren von erwartbarem Aufbau: eine Wehe schwach – die nächste etwas stärker – dann saustark – etwas schwächer – schwach. Diese hier sind anders: Einfach alle saustark. Aber wie viele Wehen hintereinanderkommen, kann ich nicht mehr einschätzen und deswegen weiß ich nicht gut, wie ich mit dem Atem haushalten kann. Zwischen den Wehen sind die Pausen wohl noch kürzer als vorher, denn wenn ich eine Wehe kommen spüre, sage ich oft „Och nee“ oder „Bitte noch nicht“ – Es ist wirklich anstrengend!
Ich halte mich am Tuch über der Wanne fest und stemme die Beine gegen die Wannenwand. Eigentlich soll ich doch aber nach unten drücken. Darauf muss ich mich konzentrieren, um die Kraft der Wehen in den Unterleib zu geben.
Die Hebamme sieht dunkle Haare und ich darf spüren. Ich verstehe aber gar nicht, dass es wirklich das Köpfchen ist, das ich spüre. Denn es ist so weich.
Die Hebamme sitzt am Wannenrand, Niko weiter weg. Er lunzt wohl mal nach dem Köpfchen. Ich habe eh die Augen zu, fast den ganzen Tag lang. Zwischen den Wehen misst die Hebamme die Herztöne, irgendwann sind sie bei 110. Ich denke, bald sollte ich fertig werden, denn während der Schwangerschaft war die Frequenz immer höher gewesen. Die Hebamme sagt: „Spür noch mal den Kopf.“ Später: „Bei der nächsten Wehe schiebst du es raus.“
Ich merke es: Bei der nächsten Wehe kommt der Kopf nach draußen, aber – was ist das – plötzliche bekomme ich schon das ganze Kind auf die Brust gelegt. Unsere Tochter ist in einem Rutsch mit dem ganzen Körper herausgekommen.
Mit Niko beschauen und fühlen wir das Kind. Schön! Toll! Wow! Nur ihr ist kalt und sie meckert eine Weile lang.
Die Plazenta und das Nähen mit wenigen Stichen empfinde ich auch als sehr schmerzhaft, aber ich atme einfach so weiter, wie schon den ganzen Tag lang, das hilft.
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